Home
Logo Komitee ProTrolleybus
Leipzig prüft die Wiedereinführung von Trolleybussen
Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) steuern in ihrem Bus-Beschaffungsprogramm um: Nachdem das Unternehmen bislang bei den 18 Meter langen Gelenkbussen die so genannte Hybrid-Technik favorisiert hat – die neben einem Dieselmotor auch hochmoderne Batterien aus Japan an Bord hat – rücken jetzt strombetriebene Oberleitungsbusse (O-Busse) stärker ins Blickfeld.

Die neuen Überlegungen gewinnen fast jede Woche an Brisanz. Denn mit jedem Tag, an dem der Preis für einen Liter Diesel-Benzin sich um die magische Marke von 1,50 Euro bewegt, wird die O-Bus-Rechnung richtig interessant. „Unser Fahrzeugkonzept sieht vor, dass wir zwischen 2009 und 2015 über 50 Gelenkbusse austauschen“, skizziert Technik- Geschäftsführer Ronald Juhrs die Lage. „Die alten Fahrzeuge waren dann zwölf bis 13 Jahre im Einsatz und haben deutlich über eine Million Kilometer im Stadtverkehr zurückgelegt.“ Die Anforderungen, die die LVB an die neue Fahrzeuggeneration stellen, lassen sich nicht nur von Hybridbussen erfüllen: Sie sollen umweltgerecht sein, sehr kraftstoffsparend und unter ihrem Blechkleid eine moderne, zukunftsweisende Technik beherbergen – alles Dinge, die auch O-Busse erfüllen.

Denn dass die LVB Mitte der 70er Jahre ihre letzten O-Busse außer Betrieb genommen haben, bedeutet nicht, dass bei diesen Fahrzeugen die Entwicklung stehen geblieben ist. Zahlreiche renommierte Anbieter – wie MAN oder die Schweizer Firma Hess – offerieren heute solche Fahrzeuge mit hochmodernem Standard. Weltweit setzen viele Länder auf O-Busse. „Sie haben eine bewährte, ausgereifte Technik“, sagt selbst Juhrs.

Der Technik-Geschäftsführer hat aber auch dafür gesorgt, dass Leipzig ebenso wie Dresden schon seit einigen Monaten den ersten Hybridbus testet (die LVZ berichtete). Dieses Fahrzeug vom Typ Urbino 18 der polnischen Firma Solaris hat inzwischen 30 000 Kilometer in Leipzig zurückgelegt – unter wissenschaftlicher Begleitung des Fraunhofer Instituts. Nachdem das Fahrzeug bislang vor allem auf der Linie 60 unterwegs war, tourt es seit 1. August auf der Linie 90. „Die Ergebnisse sind gut; das Fahrzeug ist grundsätzlich geeignet für langfristigen harten Linienbetrieb“, lautet Juhrs’ Fazit. „Aber die Wirtschaftlichkeit ist noch nicht so weit, dass sich die höheren Anschaffungskosten über den zu erwartenden Lebenszeitraum finanzieren.“ Im Klartext: Der hochkomplexen Technik wird nur eine Lebensdauer von zwölf Jahren bescheinigt – genauso lange wie einem normalen Dieselbus. Doch ein Hybrid kostet zwischen 100 000 und 250 000 Euro mehr als ein Diesel.

Ursprünglich war erwartet worden, dass die Hybridbusse diesen Nachteil mit einem deutlich geringeren Kraftstoffverbrauch wettmachen. Doch diese Hoffnung hat sich bislang nicht erfüllt: Statt der erwarteten Spriteinsparung von 20 bis 25 Prozent erzielt das polnische Testfahrzeug nur zwölf Prozent – und bereitet den Finanzexperten der LVB Kopfschmerzen.

Trotzdem haben sich die LVB jetzt auf einen Aufruf des Bundesumweltministeriums gemeldet, das Unternehmen sucht, die vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2012 mindestens zehn Hybridbusse anschaffen. Die LVB haben dies mit Blick auf die Fördermittel getan, die dabei vom Bund fließen könnten – oder vom Freistaat Sachsen, wenn das Unternehmen nicht in das Bundesprogramm aufgenommen wird. Hochmoderne O-Busse sind ähnlich teuer wie Hybridfahrzeuge, doch ihre Lebensdauer beträgt nicht nur zwölf, sondern 16 bis 20 Jahre. Deshalb lassen sich die hohen Anschaffungskosten besser abschreiben.

Richtig interessant wurden die O-Busse für die LVB-Techniker, als sie die verbrauchsabhängigen Kosten unter die Lupe nahmen. Das Ergebnis: Auf Basis eines Diesel-Preises von 1,50 Euro würde ein O-Bus in Leipzig nur 40 Prozent der Energiekosten verursachen, die für einen Hybridbus anfallen. „Das war der Punkt, an dem wir gesagt haben: Lasst uns dieses Thema diskutieren – das können wir nicht ungeprüft an uns vorbeifahren lassen“, sagt Juhrs. Mittlerweile haben die Untersuchungen auch gezeigt, wie teuer dem Unternehmen ein Einsatz von O-Bussen auf der Linie 60 käme. Deren Strecke wurde ausgewählt, weil das Unternehmen auf dieser die O-Busse aus dem Bushof Lindenau auf Tour schicken könnte und in vielen kreuzenden Straßen Oberleitungen der Straßenbahn liegen. Eine Überprüfung der dort vorhandenen Bahnstromversorger ergab, dass der Strombedarf der Linie 60 problemlos aus der vorhandenen Straßenbahnversorgung abgedeckt werden könnte. „Wir könnten die Versorgung praktisch kostenneutral sicherstellen“, sagt Juhrs. Eigene Fahrleitungen müssten aber für die Busse noch gezogen werden. Auf der Linie 70, die ebenfalls durchgecheckt wurde, sieht es ähnlich aus. Kein Wunder: Diese Buslinie ist ein Ersatz für die alte Straßenbahnlinie 22 – deren Infrastruktur ohne größere Probleme reaktiviert werden könnte.

Inzwischen wird bei den LVB durchgespielt, welche Kosten entstehen, wenn auf der Linie 60 zehn Gelenkbusse durch neue O-Busse ersetzt würden. Das Ergebnis: Es müssten rund acht bis zehn Millionen Euro investiert werden – denen jährliche Betriebskostenreduzierungen von 400 000 bis 500 000 Euro gegenüberstehen. Zusätzlich könnten noch zahlreiche weiche Faktoren für den O-Bus sprechen. Denn er fährt nicht nur deutlich leiser als ein normaler Bus, sondern hat auch keinerlei Abgase. Außerdem könnte er über eine Energierückspeisung zusätzlich Geld sparen helfen. „Erfahrungsgemäß honorieren Fahrgäste solche innovativen Lösungen“, berichtet Juhrs. Diese „Systemakzeptanz“ führe in der Regel zu zusätzlichen Fahrgästen – und damit zu zusätzlichen Einnahmen. „Hinzu kommt, dass wir uns mit dieser Technik etwas von der weltweiten Entwicklung entkoppeln – schließlich weiß niemand, auf welche extremen Höhen der Ölpreis noch klettert.“ Strom werde im Land erzeugt und sei deshalb immer wirtschaftlicher.

Die LVB bereiten jetzt eine Machbarkeitsstudie für die Linie 60 vor, die sie im September in Auftrag geben wollen – ein halbes Jahr später soll ein Ergebnis vorliegen. Das wird schon jetzt mit Spannung erwartet. Denn bereits im nächsten Jahr muss entschieden werden, welcher neue Bus-Typ angeschafft wird, weil die ersten verschlissenen Fahrzeuge zu ersetzen sind.

Vieles spricht derzeit dafür, dass das Unternehmen nicht alles auf eine Karte – oder: auf eine Technik – setzen muss, sondern sich für Anschaffungskombinationen entscheiden kann. Laut nachgedacht wird zum Beispiel schon darüber, bis zum Jahr 2015 30 Hybridbusse und 25 O-Busse zu kaufen – vorausgesetzt, der Dieselpreis pendelt weiter um 1,50 Euro.
Andreas Tappert

Quelle: LVZ-Printausgabe vom 11.08.2008

11.04.2013 Schweiz

Gasbus-Schwindel auch in Bern

Die Ökobilanz der Gasbus-Flotte ist nicht schlecht, doch Bern leidet unter verdeckten Betriebskosten in Millionenhöhe.

» weiterlesen

06.09.2012 Schweiz

Zürich: Erster der 33 bestellten Trolleybusse geliefert

Am 06.09.2012 haben die VBZ den ersten von weiteren 12 bestellten Doppelgelenktrolleybussen in Betrieb gestellt.

» weiterlesen

11.12.2011 Schweiz

Lausanne nimmt die Trolleybus-Linie 8 nach Mont Grand in Betrieb

Zum Fahrplanwechsel am 11.12.2011 wurde die Verlängerung der Linie 8 nach Mont Grand in Betrieb genommen.

» weiterlesen

06.12.2011 Schweiz

Zürich mit 12 rein elektrischen LighTrams von HESS

Die bestellten 12 LighTram der VBZ überbrücken Strecken ohne Fahrleitung dank Li-Batterien anstelle eines Diesel-Generators.

» weiterlesen

06.09.2011 Ausland

12 neue Trolleybusse VISEON LT20 für Riad, Saudiarabien

Zukunftsweisendes Design und emissionsfreier Antrieb: die neuen Trolleybusse von VISEON

» weiterlesen

« zurück   |   weiter »